Fenster zum extremen Universum

Kosmische Neutrinos

2013 hat IceCube erstmals hochenergetische Neutrinos aus den Tiefen des Weltalls nachgewiesen und damit ein neues Fenster zum Universum aufgestoßen. Es war die Geburtsstunde der hoch­energetischen Neutrino-Astronomie. Nur wenige Jahre später gelang ein weiterer Durchbruch. Durch den Vergleich von IceCube-Daten mit Messungen weiterer Observatorien konnte ein internationales Forschungsteam 2018 zum ersten Mal die Quelle eines kosmischen Neutrinos orten: ein riesiges Schwarzes Loch im Zentrum einer aktiven Galaxie in mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung.

Die nächste Generation des Observatoriums, IceCube-Gen2 bringt die notwendige Technologie mit, um solche Erfolge zukünftig zum Mess­standard zu machen. Dieser Fortschritt wird das Verständnis des hoch­energetischen Universums im nächsten Jahrzehnt revolutionieren.

Einzigartige Informationsquelle

Neutrinos können aus Bereichen des Universums zu uns gelangen, aus denen uns Licht nicht erreichen kann. Sie entstehen unter anderem in kosmischen Teilchen­beschleunigern wie etwa dem Materiestrudel gigantischer Schwarzer Löcher oder explodierenden Sternen gemeinsam mit den elektrisch geladenen Atomkernen der kosmischen Teilchenstrahlung. Anders als diese Atomkerne werden die elektrisch neutralen Neutrinos auf ihrem Weg durch das Weltall jedoch nicht von kosmischen Magnetfeldern abgelenkt, so dass ihre Ankunfts­richtung direkt zu ihrer Quelle weist. Sie können daher auch der Schlüssel sein, um diese kosmischen Teilchen­beschleuniger und die Herkunft der kosmischen Strahlung besser zu verstehen.

Fast bis zum Urknall

"IceCube wird der größte Teilchendetektor der Welt. Damit kommen wir schon sehr nahe an den Urknall."

Prof. Dr. Klaus Helbing, Universität Wuppertal

Künstlerische Darstellung: Ein Teilchenjet schießt aus einem schwarzen Loch

Künstlerische Darstellung eines Blazars (Credit: DESY, Science Communication Lab)

Multimessenger-Beobachtungen

IceCube-Gen2 wird das sich entwickelnde Feld der Multimessenger-Astronomie weiter voranbringen: die gleichzeitige Beobachtung kosmischer Phänomene mit Hilfe verschiedener Boten wie Licht, Neutrinos und Gravitations­wellen. Der präzise Nachweis möglichst vieler Neutrino-Ereignisse bei hohen Energien ist ausschlaggebend, um weitere Observatorien unmittelbar auf die möglichen Quellen ausrichten zu können und so deren physikalische Natur zu entschlüsseln.

Die Forschung in Deutschland und Europa ist im Bereich der Multimessenger-Astronomie sehr stark aufgestellt. IceCube-Gen2 wird für die kommenden Jahrzehnte im Bereich der Neutrino-Astronomie führend sein. Das Projekt fügt sich in ein Netz von heutigen und zukünftigen Groß­observatorien ein, die Gamma­strahlung, Gravitations­wellen, Kosmische Strahlung und Neutrinos untersuchen. Dazu gehören neben IceCube-Gen2 besonders auch das Cherenkov Telescope Array (CTA) für Gamma­strahlung und das geplante Einstein-Teleskop für Gravitations­wellen. Im Zusammenspiel werden diese Observatorien unvergleichliche Einblicke in die höchst­energetischen Prozesse im Universum erlauben.

NEWS 07/20

Auf der Suche nach Neutrinos aus Gravitationswellen-Ereignissen

Forscherinnen und Forscher des IceCube-Konsortiums fahnden gezielt nach Neutrino-Emissionen aus Gravitationswellen-Ereignissen. 2017 wurde erstmals ein Gravitations­wellen-Signal von verschmelzenden Neutronen-Sternen aufgezeichnet. Weitere Observatorien rund um die Welt konnten die Quelle im sichtbaren Licht, in Gammas­trahlen, im ultra­violetten Licht, Röntgen­licht und im Radio­bereich nachweisen. Zum ersten Mal konnten Gravitations­wellen mit elektro­magnetischer Strahlung korreliert werden. Damit hat eine neue Ära der Multimessenger-Astronomie begonnen. Gelingt auch der Nachweis von Neutrinos aus Gravitations­wellen-Ereignissen, wäre dies eine Sensation.